Samstag, 26. Mai 2018 | Botswana – North West District, Maun | Petra
BOTSWANA WIR KOMMEN
… ODER AUCH NICHT
Erfüllt von den schönen Tiererlebnissen im Etosha Nationalpark schlagen wir jetzt den Weg nach Botswana ein. Unser Visum für Namibia läuft in neun Tagen aus. Die restlichen Tage wollen wir uns als Reserve aufsparen, falls wir für unseren nächsten Heimataufenthalt unseren Truck wieder in Windhoek einlagern müssen.
EINE NACHT AUF DER STRASSE
In Grootfontein nutzen wir nochmals die letzte Einkaufsmöglichkeit, um unsere Vorräte aufzufüllen. Von dort aus soll es Richtung Westen über die Schotterpiste C44 nach Tsumkwe zum Grenzübergang bei Dobe nach Botswana gehen. Hinter der Grenze erwartet uns ebenfalls ein längeres Stück Piste mit Tiefsand bis wir nach Maun kommen, unserem ersten Etappenziel im neuen Land.
Die C44 hinter Grootfontein ist sehr angenehm ohne Wellblechrütteln zu fahren, es ist nichts los und wir kommen gut voran. Wir würden sagen, es läuft. Plötzlich wird unser Fahrzeug langsamer, der Motor verstummt und schließlich bleiben wir stehen. Versuche, den Motor wieder zu starten sind erfolglos. Schnell ist die Ursache gefunden – der eine unserer beiden Tanks, der Haupttank, ist leer gefahren. Der Ausgleich der beiden Tanks, der bislang gut von alleine funktionierte, hat dieses Mal versagt. Da die Piste zum linken Straßenrand hin stark abschüssig ist, konnte kein Diesel selbstständig in den rechten Tank nachfließen.
Also füllen wir mit einem leeren Kanister und einem Stück Schlauch 5-Liter-weise Diesel von einem in den anderen Tank manuell um. Win opfert sich freiwillig und zieht mit dem Mund am Schlauch wie an einem Strohhalm, um Diesel anzusaugen, damit er in den Kanister laufen kann. Das schmeckt nicht gut (sofern ich seinen Gesichtsausdruck richtig deute) und ist vermutlich auch nicht besonders gesund – aber was muss, das muss. Etwa dreißig Liter Diesel wechseln so nach und nach die Tankseite.
Es sieht recht gut aus und wir hoffen, dass unser Motor gleich wieder anspringt. Natürlich macht er das nicht. Er hat also doch Luft in der Leitung. Inzwischen neigt sich der Tag dem Ende. Jetzt bei Dunkelheit noch die Leitungen zu entlüften macht wenig Sinn. Es wird also das Erste sein, was wir morgen früh machen. Unser Nachtquartier wird demzufolge hier auf der C44 sein – ist schön ruhig da, es fährt ja sowieso keiner vorbei, Warndreiecke stellen wir trotzdem mal auf, man kann ja nie wissen.

Am nächsten Morgen entlüftet Win über die Handpumpe die Dieselleitung vor der Einspritzpumpe gleich mehrmals. Trotzdem macht der Motor nicht das, was er soll. Was nun? Netzverbindung haben wir hier keine. Hier stehen bleiben können wir aber auch nicht für den Rest unseres Lebens. Also will Win die Enduro anschmeißen, um zu einer kleinen Polizeistation in der Nähe zu fahren, vielleicht gibt es dort Telefon. Eine Stunde später ist er wieder zurück. Der Polizist war sehr nett und ein Telefon gab es auch, aber leider konnte Win niemanden erreichen.
Zwischendurch kommen ein Kleinlaster der hiesigen Gemeinde, ein Pickup ohne Bremsen, ein Bestattungswagen und ein SUV vorbei. Alle Fahrer sind freundlich und sehr bemüht uns zu helfen, haben aber leider auch keine Lösung des Problems parat. Win beschließt das nette Angebot, mit Kid im Bestattungswagen zurück in das 200 Kilometer entfernte Grootfontein zu fahren, dankend abzulehnen und stattdessen erstmal mit der Enduro 65 Kilometer in die kleine Siedlung Omatako zum mobilen Telefonempfang zu düsen. Vielleicht ist MAN-Kai jetzt in Windhoek erreichbar und weiß Rat oder die Werkstatt in Deutschland. Kid gibt uns sicherheitshalber seine Telefonnummer, damit wir uns bei ihm melden, falls er doch etwas für uns tun könne und fährt weiter. Win schwingt sich auf die Enduro, und ich behüte bis zur Rückkehr unseren Truck. Das spannende Warten gestalte ich mir möglichst angenehm, zum Beispiel mit Datensicherung und beruhigendem Kochen.
Total verstaubt und verschwitzt, aber mit einem heißen Tipp kehrt Win nach ein paar Stunden zurück. Wir befolgen Kais Empfehlung, unbedingt auch die Zuleitung zu den Diesel-Injektoren zu entlüften, bei geöffneten Zuleitungen und mit laufendem Anlasser.
Et voilà, es ertönt der überirdisch schöne Klang eines laufenden Motors. So etwas sind wahre Glücksmomente!
Voller Freude machen wir uns und unseren Truck startklar. Wir haben nur noch etwa 100 Kilometer in den Osten bis zur Grenze, wollen aber doch lieber 200 Kilometer zurück fahren in den Westen nach Grootfontein, um unseren Tank wieder voll zu machen. Tsumkwe in der richtigen Richtung hat zwar eine Tankstelle, es ist jedoch nicht sicher, ob diese auch genug Diesel im Vorrat hat – Risiko!
Die Piste lässt sich ja gut fahren, und so werden wir rechtzeitig am Spätnachmittag in Grootfontein sein.
EIN UNGLÜCK KOMMT SELTEN ALLEIN
Gleich sind wir am Ziel, so sieht es zumindest das Reiseprotokoll vor. Doch dann passiert es. Nur 30 Kilometer vor unserem Übernachtungsplatz während des Sonnenuntergangs auf der Teerstraße der B8 Richtung Grootfontein zerreißt es unseren linken Hinterreifen komplett. Was da im Foto aussieht wie eine engagierte, aber ordentlich misslungene Bastelarbeit, ist der Rest unseres explodierten Reifens.
Außer einem Gewirr aus dickem, schwarzem Gummimurks ist nichts mehr übrig von etwa 80 Kilogramm solidem Stollenreifen. Aufgrund zweier ziemlich tiefer Macken in den Flanken links und rechts, stand dieser Kandidat bei uns schon seit geraumer Zeit unter kritischer Beobachtung. Wir hatten auch vor, in etwa zwei Wochen, sobald wir in Südafrika sind, beide Hinterreifen zu erneuern. Doch der Reifen schmiedete offenbar seinen eigenen Plan.
So ein Mist! Es wird gleich dunkel! Wieso ausgerechnet jetzt?! Wir haben noch nicht zu Abend gegessen, und eigentlich hat uns die letzte Panne für heute schon genügt. Gleichzeitig sind wir froh, dass nichts Schlimmeres passiert ist. So ein Reifenplatzer kann auch sehr viel böser enden.

An der noch relativ stark befahrenen Schnellstraße sichern wir zuerst die Pannenstelle gut sichtbar ab und machen uns dann an die Arbeit. Es ist fast 19 Uhr, und innerhalb weniger Minuten ist es auch schon finstere Nacht. Mit zwei Wagenhebern bringen wir unseren Truck so in Position, dass wir unser Ersatzrad mit dem Flaschenzug absenken und gegen das defekte Rad tauschen können. Die Felge ist zum Glück unbeschädigt geblieben, aber den Sprengring hat es irgendwo in die Landschaft geschleudert. Ohne diesen ist die Felge nutzlos und uns würde damit das fünfte Rad fehlen. Also werden wir uns morgen bei Tageslicht auf die Suche nach dem Ring machen.
Nachdem alles erledigt und wieder eingepackt ist, fahren wir noch ein paar Kilometer weg von der B8 in eine ruhige Nebenstraße zum Übernachten. Jetzt sind wir es, die platt sind. Müde und erleichtert fallen wir in unser Bett. Auch diese Misere haben wir gut gemeistert.
DER TAG DANACH
Beim Tanken am anderen Morgen treffen wir Kid, unseren hilfsbereiten Bestatter, wieder. Er freut sich riesig uns hier zu treffen, denn offenbar haben wir unsere Panne auf der C44 lösen können. Wir wiederum freuen uns riesig ihn zu treffen, denn wir hätten ihn ohnehin angerufen, um Entwarnung zu geben und uns nochmals bei ihm zu bedanken.
Dann treffen wir die Entscheidung, knapp 500 Kilometer zurück in den Süden nach Windhoek zu fahren, um dort zwei neue Reifen und einen Sprengring, noch besser zwei, für unsere Weiterfahrt zu kaufen – sicher ist sicher. Bei unserer Suche nach dem Sprengring im hohen Gras waren wir nämlich erfolglos. Wir organisieren also alles telefonisch voraus, erhalten von Tommy & Conny fernmündlich auch noch nützliche Tipps und fahren los.
Die neuen Reifen am darauffolgenden Tag zu bekommen, ist ein Kinderspiel. Bei Tyre Corporation in Windhoek sind sie vorrätig und alle legen sich mächtig ins Zeug, uns schnell und zuverlässig zu helfen. Lediglich der Sprengring wird zum Nervenkitzel. Tyre Corporation und halb Windhoek sind auf der Suche nach wenigstens einem passenden Sprengring. Stunden später die erlösende Nachricht. Die Army hat einen zu bieten, zwar zu einem überirdisch hohen Preis, aber wir haben kurzfristig praktisch keine andere Wahl.
Am Nachmittag sind wir endlich wieder reisefit mit zwei neuen Hinterreifen und einem vollständigen Ersatzrad. Jetzt können wir beschwingt sagen: „Auf nach Botswana!“
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Sorry, haben diesen Bericht fast übersehen (ja ja das Alter ha ha ) soviel Pech auf einmal. Wer weiß für was das gut war im Positiven Sinn.
Liebe Grüße
Da habt ihr recht, im Nachhinein hat sich alles als durchaus nützlich herausgestellt und sich in vielerlei Hinsicht als gut erwiesen. Kaum zu glauben, wenn man gerade mittendrin steckt.
Liebe Grüße an euch beide!
Win & Petra
Danke ihr beiden, bei dem 2. Bericht habe ich fast mit gefiebert, klappt s noch oder nicht – ist ja alles gut gegangen – Kompliment.
Die Tierbilder einfach wieder sehr schön – Besuch Tiergarten Nbg. nicht nötig. Viele Grüße weiterhin ALLES GUTE und bitte keine Pannen mehr, Günter
Lieber Günter,
ja, es hat alles geklappt und wir waren auch froh darüber. Ist ja doch immer ein bisschen spannend, so etwas. Wir freuen uns, dass dir unsere Bilder gefallen und wir dich nach Afrika entführen können.
Wir schicken dir viele, liebe Grüße nach Herzo!
Win & Petra
Liebe Petra, lieber Win,
ich freue mich immer über Ihre spannenden Berichte und die wunderbaren Fotos! Südafrika haben mein Mann und ich ja letzten November erlebt. Ich war eigentlich gar nicht so scharf auf Safari und Tiere- aber gerade DAS war mein persönliches Highlight der Reise! Und die Wale in Hermanus zu sehen, mit einem Sundowner in der Hand, von einer Bank in unserem Hotelgarten aus! Nun denken wir tatsächlich über eine Reise nach Namibia nach. Allerdings wird unser nächstes Reiseziel im Juli erst mal die Mongolei sein, da freue ich mich schon sehr darauf und bin außerordentlich gespannt!
Ich wünsche Ihnen weiterhin gute Fahrt, wenig Pannen, tolle Landschaften, leckeres Essen, und dass Sie immer nette, hilfsbereite Menschen treffen! Vielen Dank, dass Sie uns alle an Ihren Erlebnissen teilhaben lassen!
Herzliche Grüße aus Nürnberg,
Andrea Gritzka
Liebe Andrea,
das ist ja eine tolle Überraschung, vielen Dank für Ihre schöne Nachricht und die guten Wünsche!
Die Wale in Hermanus müssen umwerfend toll anzusehen sein. Wir haben die Hochsaison letzten Sommer knapp verpasst und nur ein paar Nachzügler erspäht, aber selbst das hat uns sehr viel Freude gemacht. Ja, die Tierwelt hat so viel Spannendes zu bieten. Es ist immer wieder ein beeindruckendes Erlebnis.
Mongolei – das ist ein ganz besonderes Reiseziel. Ich bin schon neugierig, was sie darüber erzählen werden, wenn wir uns wieder sehen gegen Ende des deutschen Sommers.
Bis dahin ganz liebe Grüße aus Botswana nach Nürnberg,
Win & Petra
Hallo ihr lieben, so ein pech aber auch! Trotzdem nochmals alles gut gelaufen! Jetzt sollte aber alles wieder paleti sein!? Wir sind im moment in seis und geniessen unsere wanderwoche und denken viel an euch! Habe ich das richtig verstanden kommt ihr bald wieder nach nürnberg?
Liebe grüsse gabi und peter
Ja, alles ist gut geworden und machte im Nachhinein betrachtet sogar richtig Sinn. Jetzt läuft’s wieder.
Viel Spaß beim Wandern und schön viel Sonne wünschen wir euch! Wir kommen wieder mal nach Nürnberg, das dauert aber noch ein paar Monate.
Wir lassen es euch rechtzeitig wissen.
Liebe Grüße,
Win & Petra
Hallo ihr 2,
Da habt ihr aber Glück gehabt!
Heißt Visum abgelaufen…. ihr kommt demnächst auf Heimaturlaub?
Liebe Grüße und gute Weiterreise.☀ Christine
Liebe Christine,
ja, es hat alles gut geklappt und ergab am Schluss sogar alles einen vernünftigen Sinn 🙂
Visum abgelaufen bedeutet zunächst, dass wir das Land Namibia verlassen und in ein anderes Land umziehen müssen. Deshalb sind wir jetzt in Botswana. Der Heimaturlaub wird noch etwas warten.
Liebe Grüße,
Win & Petra