Dienstag, 22. Dezember 2015 | Deutschland – Baden-Württemberg, Nitzenhausen | Win & Petra
ENDE GELÄNDE
EINE GESCHICHTE ÜBER OFFRAD-FAHREN FÜR ANFÄNGER
Bei einem gemeinsamen Abendessen mit unseren lieben Freunden Anne, Dieter, Christine und Ludger erzählt Dieter begeistert von einem Offroad-Training, das er mit seinem Suzuki Jimny absolvierte und davon, wie viel er dabei lernen konnte. Schon wenige Tage später stößt Win beim Blättern in der neuesten Ausgabe des Reisemagazins EXPLORER auf die Anzeige der Geländefahrschule MARKOM. Welch ein Zufall!
Spontan meldet er sich für ein Wochenende im Dezember an, passt es doch prima zu unseren (bis dahin noch feststehenden) Reiseplänen. Im direkten Anschluss wollten wir nämlich vom Trainingsort in Nitzenhausen (Künzelsau, Baden-Württemberg) Richtung Frankreich, Spanien, Portugal und Marokko weiterfahren, um den Winter in wärmeren Gefilden zu verbringen. Zu diesem Zeitpunkt ahnten wir noch nicht, dass wir aus geschäftlichen Gründen noch einige Monate in Nürnberg verweilen würden.
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PETRA ERZÄHLT
Am Samstag-Morgen beginnt das Training für die Kursteilnehmer bei unserem Instruktor Manfred zunächst einmal mit etwas Theorie. Was ist ein Differenzial und wie funktioniert es? Was sind Böschungswinkel und Wattiefe? Wie fahre ich einen Steilhang an und was hat es mit der Untersetzung auf sich?
Ich finde es prima dabei sein zu dürfen, auch wenn ich heute nicht selbst am Steuer sitzen werde, um im winterlichen Schlamm Geländefahren zu üben.
Gut versorgt mit theoretischem Wissen und gestärkt von einem leckeren Mittagessen geht es schließlich auf die Piste. Alle Trainingsteilnehmer fahren mit ihren Fahrzeugen zu einem nahegelegenen Steinbruch. Der Regen am Vortrag hat das weitläufige Areal in ein lehmig schlammiges Gelände mit idealen Trainingsbedingungen verwandelt.
Als Warm-up heißt es zunächst zwischen Hütchen einen kurvigen Parcours zu fahren. Nichts leichter als das. Mit dem Fahrrad vielleicht, mit dem Truck sind wir verloren. Schnell ist uns klar, dass die Kommunikation mit unserem Walkie-Talkie ungeeignet ist, um diese Aufgabe zu meistern. Sie ist viel zu unpräzise, Links und Rechts können schnell verwechselt werden und die Akustik kann Missverständnisse verursachen. Gut eingestellte Außenspiegel, die richtige Position des Einweisers (in diesem Fall ich) und präzise, deutliche Handzeichen sind hier viel besser geeignet. Das Schöne an Dingen, die uns nicht gleich auf Anhieb gelingen, ist, dass wir sie üben und verbessern können.
Schon wartet die vermutlich größte Hürde auf Win. Immer wieder müssen wir ein- und aussteigen, um den Reifendruck anzupassen, das Gelände zu lesen, den Untergrund zu prüfen oder die Fahrzeugposition von außen einschätzen zu können. Nur so kann in der Kabine die richtige Entscheidung für den passenden Gang, mit oder ohne Untersetzung getroffen werden. Dabei stehen wir mit unseren dicken Stiefeln voll im Matsch…
WIN ERZÄHLT
Wer mich kennt, weiß, wie viel mir an einem gepflegten Fahrzeug liegt. Entsprechend kann er sich ungefähr ausmalen, welche Überwindung es mich kostet, mit lehmverschmierten Stiefeln auf die nagelneuen, stets gut gesaugten Fußmatten ins Fahrerhaus zu steigen. Gummimatten haben ihre Berechtigung, ich sehe es ja ein.
Mir bleibt keine Zeit für Befindlichkeiten. Die nächste Übung steht an: Steilhang bergauf.
Der erste Teil der Fahraufgabe besteht darin zunächst nur zwei Drittel des Hangs hinaufzufahren, anzuhalten, den Rückwärtsgang einzulegen und mit Untersetzung ohne Kupplung und Bremse wieder langsam rückwärts den Hang hinunterzufahren. Im zweiten Teil soll ich den Berg komplett nach oben fahren. Gerader Berg, gerade Spur und dennoch schiebt sich unser Truck nicht schnurgerade den Berg hoch, sondern driftet seitlich nach rechts und links ab. Jetzt heißt es einfach das Lenkrad gerade zu halten. Von wegen einfach. Instinktiv lenke ich dagegen und kassiere von meinem Instruktor Volker auf dem Beifahrersitz den liebevollen Rat: „Auf deinem Lenkrad steht doch MAN. Halte es so fest, dass du es immer lesen kannst.“ Theoretisch habe ich das durchaus verstanden, praktisch fühlt es sich beängstigend an.
Die Gefahr beim Gegenlenken besteht darin, dass sich das Fahrzeug tatsächlich mit vollem Tempo in die eingeschlagene Richtung bewegt, sobald die Räder wieder Grip bekommen. Im schlimmsten Fall kann das die Böschung, ein Baum, der Abhang oder die Felswand sein, jedoch nicht gerade den Berg hinauf.
Eine neue Aufgabe erwartet mich: Steilhang bergab.
Nach einer engen Linkskurve soll ich bergab in den Steilhang fahren. Dabei arbeite ich mit Kupplung und Bremse und, sobald alle Räder gerade im Hang stehen, heißt es Füße weg von Kupplung und Bremse und nur mit Motorbremse den Berg hinunter. Bei diesem Manöver lasse ich die Kupplung etwas spät kommen, sie greift ruckartig und plötzlich stinkt es fürchterlich. Die Kupplung lässt sich nicht mehr betätigen. Und jetzt? Kriegen wir sie wieder in Gang? Anfängliche Rettungsversuche scheitern.
Nach der ersten Schrecksekunde lässt sich alles ganz einfach lösen. Der Pannendienst ist sofort erreichbar. Instruktor Volker schleppt uns dann zunächst mit seinem Unimog raus aus dem Matsch auf festen Untergrund. Service-Techniker Benny ist eine Stunde später schon am Ort des Geschehens und erkennt schnell, dass die Kupplung völlig hinüber ist. Eine weitere Stunde später ist der Abschleppwagen da, nimmt unseren Truck auf und bringt uns in die nur 15 Kilometer entfernte MAN-Werkstatt. Dort bekommen wir einen Ersatzwagen für die Fahrt nach Nürnberg und schon zwei Tage später können wir unseren Truck geputzt, fahrbereit und mit neuer Kupplung wieder abholen. Ob das in der Wüste Marokkos auch so funktioniert hätte?
Übrigens ist der Kupplungsschaden nicht aufgrund des Fahrmanövers entstanden. Er muss die Folge einer bereits bestehenden Beschädigung sein, bestätigten uns die Experten. Schließlich sind derlei Fahrzeuge für extremen Geländeeinsatz ausgelegt und halten eine Menge aus. Wir sind froh, dass die Kupplung hier kaputt ging und nicht in freier Wildbahn. So verlief die Reparatur doch recht komfortabel.
FAZIT
Wir werden auf alle Fälle unser Geländetraining fortsetzen und weiter üben. Der Offroad-Virus hat uns erwischt. Es macht einfach Sinn, bisher unbetätigte Knöpfe wie Differentialsperren oder Verteilergetriebe auszuprobieren, ihre Wirkung kennenzulernen und sie im Bedarfsfall auch nutzen zu können. Wir wissen jetzt auch, wie entscheidend der richtige Luftdruck im Reifen für die Fahrt im Gelände ist und, dass wir mit unserem Fahrzeug mehr können, als wir uns vorher zugetraut hätten. Alles Dinge, die uns auf unserer Reise nützlich sind.
Vielen Dank an Volker Müller und sein MARKOM Team, an Service-Techniker Benny, Abschleppdienst RAPP und an das MAN Service-Team in Neuenstein. Danke auch an alle Teilnehmer dieses Offroad-Wochenendes und an Thomas, der uns ein paar schöne Fotos geschickt hat (siehe Galerie).
Es war schön Euch alle kennengelernt zu haben.
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Hallo Ihr zwei.
Schön was von euch zu horen.
Ja so ein Geländetraining hat schon was.
Ich habe bei einem solchen auch Erfahrungen gemacht die ich nicht missen will.Vorallem was unser Autolein alles drauf hat.
Auch wenn unser Dicker etwas kleiner ist wie Eurer.
Wir wünschen Euch einen GUTEN RUTSCH und ein gutes neues Jahr.
Und passt auf euch auf.
Claudio
Hallo Claudio,
vielen Dank für Deine guten Wünsche. Auch wir wünschen Dir und Deiner Familie für das neue Jahr nur das Allerbeste. Lasst es Euch richtig gut gehen, wir tun das auch.
Liebe Grüße,
Petra & Win
Hallo Petra und Win,
endlich hören wir wieder von euch waren ein bisschen beunruhigt,es kann einfach nicht alles glatt gehen.Da habt ihr ja einerseits Glück im Unglück gehabt das euer Schaden hier passierte,obwohl es gibt ja den ADAC Weltweiten Service und auf den kann man sich gut verlassen das die Ersatzteile fast überall ankommen,und in fernen Ländern bringen die einheimischen Werkstätten oft Wunder.Finde das Super mit dem Gelände Training!!Wir hoffen ihr rollt bald wieder!!Waren heuer nur so ca 8 Wochen kreuz und quer in Deutschland und der Schweiz unterwegs.Wünschen euch ein ruhiges friedvolles Weihnachtsfest und ein gutes neues gesundes Jahr 2016 mit schönen weiteren Fahrten,ohne Hindernissen.Immer genug Diesel im Tank und genügend Bodenfreiheit!!Liebe Grüße Jeane und Robert
Hallo Ihr beiden,
danke für Eure Nachricht. Es tut uns leid, wenn wir Euch beunruhigt haben, weil wir nicht von uns hören ließen. Wir passen gut auf uns auf, dann braucht Ihr Euch nicht zu sorgen, versprochen. In der Tat ist es gut zu wissen, dass die Pannenhilfe nicht weit und Hilfe nah ist. Und wir hoffen natürlich, dass wir immer gut durchkommen werden.Schön, dass Ihr so viel unterwegs gewesen seid in diesem Jahr. Wir wünschen Euch auch ein frohes Fest und ein glückliches neues Jahr mit vielen Reisen ganz nach Eurem Geschmack.
Liebe Grüße,
Petra & Win
PS. Sind übrigens gerade dabei Richtung Nemerberg loszufahren. Mal sehen, ob Ihr zu Hause seid 🙂
puuuh Petra & Win, Respekt! Ich hätte mich das nicht getraut! 😀
Tja, liebe Jessi, wir sind halt Helden, ganz besonders Win, natürlich 😉
Freut uns, dass euer Truck wieder läuft. Dann sehen wir uns ja bald wieder bei uns im Gelände :-).
Sascha (der den ganzen Tag mit dem Markom-Unimog unterwegs war)
Danke für Deine Nachricht, Sascha. Wir sehen uns!
Liebe Grüße von Petra & Win
Liebe Petra und lieber Win,
ich freue mich immer wieder von euch zu lesen und eure Abenteuer verfolgen zu können.
Ich wünsche euch ein frohes Weihnachtsfest, einen guten Rutsch ins neue Jahr und vor allem, dass eure Reise weitergehen kann.
P.s. Falls ihr bis dorthin Zeit für ein Kurz-Trio habt, seid ihr in Coburg herzlich willkommen! Hier ist es auch sehr schön :-).
Liebe Grüße,
Veronica
Hallo, liebe Veronica,
wie schön, dass Du uns schreibst. Coburg klingt verlockend, wir behalten Dein Angebot im Auge. Auch Dir wünschen wir ein wunderschönes Weihnachtsfest und ein fulminantes 2016!
Liebe Grüße von
Petra & Win